SHIT HAPPENS
Nachgefragt bei Peter Kirischitz
Wie lange haben Sie an Ihrem neuen Buch Shit happens gearbeitet?
Kirischitz: Effektiv habe ich an diesem auch zwei Jahre gearbeitet, die Idee dazu gab es seit rund zehn Jahren – die darin erhaltenen Erfahrungen sind aus einem ganzen Leben (lacht).
Wahrscheinlich stammen auch viele kulinarische Hoppalas aus Ihrer Zeit als Kochlehrer?
Kirischitz: Ich habe 25 Jahre an der Hertha Firnberg Schule für Wirtschaft und Tourismus Kochen unterrichtet – da kommt einem vieles unter. Die Schüler machen natürlich zu Beginn jeden Fehler, den es gibt. Eine Menge davon bringen sie von zu Hause mit, beispielsweise das permanente Aufgießen eines Schweinebratens – so bekommt man nie im Leben eine gute Kruste hin!
Kochen zu unterrichten war Ihr Ziel?
Kirischitz: Im Hotel Intercontinental habe ich Kochen gelernt, war in Kitzbühel, Sankt Moritz ... auf Saison. Irgendwann landete ich wieder in Wien und machte mich in den 1980er Jahren mit „Peters Beisl“ selbstständig. Wir erhielten später die begehrte Gault-Millau-Haube, die erstmals an ein klassisches Wiener Beisl vergeben wurde. Das war schon ganz besonders. Die Haubeneuphorie hält einen sehr lange bei der Stange – 16- bis 18-Stunden-Tage waren Alltag. Irgendwann wurde es mir aber zu viel. Ich verkaufte meinen Betrieb und nahm das Angebot, zu unterrichten, an, machte parallel das Lehramtsstudium.
In den Ferien arbeitete ich oft für Do & Co, die damals das Catering für die Formel 1 machten. Da ging es um 8.000 bis 12.000 Portionen – und das mit 120 % Qualität. Die Schwierigkeit dabei liegt nicht bei den Rezepturen – die hat man. Es ist eine große logistische Herausforderung. Geleitet durch diese Erfahrungen, habe ich vergangenes Jahr im Trauner Verlag mein erstes Buch herausgebracht, Kochen im großen Stil. Viele Portionen – viel Genuss. Ein Buch für Profis. Wir erhielten dafür die Silbermedaille der Gastronomischen Akademie Deutschlands e. V. und gewannen den Gourmand World Cookbook Award in der Kategorie Profis in Österreich. Es flossen auch die letzten 15 Jahre meiner Zeit an der Schule mit ein, in denen ich die Betriebsküche leitete.
Hielten Sie auch Kochkurse ab?
Kirischitz: Ja, Seminare für eine Firma, die eine Küchen-Verwaltungssoftware herstellte, und auch Kochkurse für Erwachsene. Für 2021 sind Shit-happens-Kochkurse geplant.
Das neue Buch haben Sie den kleinen Hoppalas und großen Pannen gewidmet?
Kirischitz: Damit man weiß, was passieren kann und wie darauf zu reagieren ist bzw. wie man vorbeugen kann. Es gibt auch bei vielen Tipps die Rubrik „Für die, die es genau wissen wollen“ im Buch. Dort erfährt man beispielsweise auch physikalische Hintergründe. Damit man nicht nur weiß, was man tun muss, sondern auch den Grund dafür versteht. Einige Freunde der Molekularbiologie an der Karl-Franzens-Universität in Graz standen hier informativ zur Seite.
Täusche ich mich, oder haben Sie auch versucht, mit verschiedenen Schreibstilen zu arbeiten?
Kirischitz: Ertappt (lacht). Die Erklärungen sind in einem technischen Stil, die Problembeschreibungen sowie die Hilfsmaßnahmen eher jovial verfasst – in Du-Form. Natürlich sind die physikalischen Hintergründe auch so geschrieben, dass sie jeder versteht.
Wie haben Sie die Rezepte bzw. die Themenbereiche ausgewählt?
Kirischitz: Ich bin dabei von Speisen-Klassikern ausgegangen, Gerichten, die man im Alltag zu Hause oder bei besonderen Anlässen kocht, wenn Freunde kommen – oder der neue Schwarm ... Ich habe dabei besonders versucht, Rezepte auszuwählen, bei denen die Erhältlichkeit der Zutaten einfach ist. Auch die reale Nachmachbarkeit stand im Vordergrund. Diese spigelt sich auch in den Speisenfotos wider. Wenn man es richtig macht, sieht das Ergebnis wie auf den Abbildungen aus. Von künstlichem Foodstyling habe ich Abstand genommen, denn das frustriert letztendlich nur, wenn man es nie so hinbekommt. Gar nicht so hinbekommen kann! Das Buch beginnt mit Suppen, Vorspeisen und Salaten – im Laufe des Buches nehme ich aber auch Bezug auf die Grundzubereitungsarten: Sieden, Braten, Frittieren – aber auch Dampfgaren oder die Sous-vide-Methode.
Ich möchte erreichen, dass die Menschen die Grundzubereitungen beherrschen – dann können sie auch mit Variationen spielen, abwandeln, Neues ausprobieren.
Mir ist gestern ein richtiges Missgeschick bei einem Steak passiert. Ich habe mit Temperaturfühlern gearbeitet – trotzdem war es am Ende durchgegart ...
Kirischitz: Ich habe auch Steaks im Buch beschrieben. Die kolportierten Vergleichs-Drucktechniken halte ich nicht für sehr zielführend. Dafür braucht man viel Erfahrung. Im Buch kommen auch keine Temperaturfühler zum Einsatz. Bei mir erhalten die Leser Zeitangaben in Relation zur Dicke des Fleisches – damit kommt man dem gewünschten Ergebnis schon sehr nahe.
Meistens geschehen die Missgeschicke, wenn es besonders heikel ist, man besonders gut kochen möchte. Hoppalas passieren aber selbst den Profis – das beschreibt auch Helmut Österreicher im Vorwort meines Buches.
eingekocht habe und regelrecht alle zerfielen. Die Sache mit dem
Probeknöderl hatte ich damals noch nicht am Schirm ...
Meine eigene Shit-Affinität ist besonders bei Tafelspitz sehr hoch ...
Kirischitz: Der kann schon mal zum Zähheits-Albtraum werden. Das kann aber auch am Fleisch liegen bzw. an der Schlachtung oder Ablagerung. Ich empfehle bei gekochtem Rindfleisch, zuerst aus den Knochen zwei Stunden einen Suppenansatz zu kochen – mit ein wenig Salz! Das Wasser muss eine gesättigte Lösung sein, damit es nachher dem Fleisch nicht Mineralstoffe und Geschmack entzieht.
Ein Küchentipp zum Abschluss?
Kirischitz: Das Spiel mit den Gewürzen beherrschen besonders am Anfang die Wenigsten. Traut euch, zu salzen!
Ossi Hajek/Sortimenterbrief im Gespräch mit Peter Kirischitz